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Aus meinem Bücherregal

Pride Telecom


Wenn ich aus meinem Bücherregal eine Kiste mit alten Propekten heraushole, so mag dies erst mal ungewöhnlich erscheinen. Und doch bin ich froh, diese Unterlagen aufbewahrt zu haben und sie heute zeigen zu können. Denn die Werbematerialen von Pride Telecom aus den 1990er Jahren zeigen gleich drei historische Gegebenheiten:

Die Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes in Deutschland, der Kampf von Lesben und Schwulen um Akzeptanz in der Gesellschaft, und schließlich gibt es auch noch Einblick in einen Rechtsstreit um Markenrechte.

In den 1990er Jahren war die Hochphase der Postreform in Deutschland. Aus der früheren Deutschen Bundespost wurden die Telekom, die Post und die Postbank. Die frühere Behörde mit staatlich geschütztem Monopol musste sich dem Wettbewerb stellen, und dies startete mit den digitalen Mobilfunknetzen.

Ich erzähle in meinem Video von der Euphorie beim Einstieg neuer Firmen in den Mobilfunkmarkt, über die Begeisterung über die neuen Service-Provider, die auf eigene Rechnung
die Dienste der Netzbetreiber in großen Mengen aufkaufen und an ihre eigenen Kunden auf eigene Rechnung weitervertreiben.

Zusätzlich fanden Lesben und Schwule langsam Akzeptanz in der westlichen Gesellschaft, u.a. dadurch, die entsprechende Firmen und Organisationen Lesben und Schwule gezielt als Kundengruppe ansprachen.

Und so entstand mit der Firma Pride Telecom ein eigener Mobilfunkprovider für die Gay-Community, für die schwule Familie.

Doch die Bezeichnung der Gay-Community als schwule Familie führte auch zu einem Rechtsstreit: Die Firma Pride Telecom hatte sich den passenden Werbespruch "Wir gehören zur Familie" überlegt, um damit ihre Zugehörigkeit zu (damaligen) Subkultur der Lesben- und Schwulenszene darzustellen.

Den Werbeslogan "Wir gehören zur Familie" hatten sich aber auch die Werbestrategen des Konzerns Siemens überlegt. Damit wollten sie ihre Haushaltsgeräte klar positionieren. So hatte schließlich ein Gericht darüber zu befinden, was der Begriff der Familie bedeutet.

Aus heutiger Sicht mag dies merkwürdig erscheinen, ist es doch heute für uns selbstverständlich, daß es bei Liebe und Sex nicht auf das Geschlecht der beteiligten Personen ankommt. Doch so lange ist es noch gar nicht her, daß man dafür noch kämpfen musste.

Auch die klassischen Mobilfunkprovider gibt es heute kaum noch. Statt dessen haben die Netzbetreiber ihre eigenen Zusatzmarken oder vertreiben ihre Produkte unter dem Namen großer Supermarktketten, Fernsehsender oder Zeitungsverlagen.

Doch auch aus heutiger Sicht, wo wir uns alle offen und liberal fühlen, ist es interessant,
sich anzuschauen, wie in den 1990er-Jahren für diese Mobilfunkprodukte geworben wurde. Die Werbung, die sich hier speziell an Lesben und Schwule richtet, ist stark sexuell aufgeladen.

Innerhalb einer Zielgruppe, die gleichgeschlechtlich liebt, ist das möglich, was sonst in der Gesellschaft nicht gerne gesehen wird: Eindeutige sexuelle Anspielungen, klare Doppeldeutigkeiten, schließlich sogar Anlehnungen an den Sadomaso-Bereich.

So zeigt diese Werbung auch, was möglich ist, wenn es keinen Geschlechterkampf gibt, wenn nicht ein Geschlecht zur Passivität und eines zur Aktivität verdammt ist, sondern alle frei nach ihren Wünschen leben dürfen.

Selbst, wenn es bloß lockere Sprüche in der Werbung sind, die hier keinen Aufschrei erzeugen, so ist es doch eine schöne Utopie für die Gesamtgesellschaft.

Verwandte Themen: Hetero-Normativität und Geschlechterrollen, Kohl-Witze, Marie Marcks

Dieser Film ist bei dem Video-Dienst Youtube mit dem Code 2eccPGw5zPo unter der Standard-Youtube-Lizenz verfügbar. Er kann also unverändert in Webseiten eingebettet werden, ähnlich wie er auf dieser Webseite eingebettet ist.



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